„Die Schulpflicht wird ausgesetzt! Ab Montag“, sagt mein Mann zu mir. Er schaut mich stirnrunzelnd an.
Ich nicke: „Ab Montag! Irgendwie erleichtert mich das.“
Wir tauschen weitere Blicke. Ratlosigkeit schwingt mit darüber, was jetzt wohl auf uns zukommt? Die Medien sprechen schon von „Corona-Ferien“ und die Schließung von Kitas und allen Bildungseinrichtungen zeichnet sich ab. Der Lockdown bahnt sich an. Aber davon wissen wir am 13. März noch nichts, es ist übrigens ein Freitag.
Homeschooling …
Wir nehmen also beide Mädchen aus Grundschule und Kindergarten. Dank eines Geistesblitzes düsen mein Mann und meine Große noch einmal zur Schule zurück und packen alle Bücher ein, man weiß ja nie… und dann ist es eben Gewissheit. Corona ist da, die Schulpflicht ist weg. Wir müssen abwarten und schauen, was passiert.
Am Anfang ist Homeschooling chaotisch, auch wenn sich alle größte Mühe geben: Die Lehrerin mailt und die große Tochter stürzt sich auf ihre Deutschaufgaben. Ich helfe ihr so gut ich kann. Schnell wird klar: Mathe ist schwierig und mein Mann übernimmt geduldig den Part des Erklärbären. Wie ging nochmal halbschriftliche Division? Die Mittlere will auch Lernen und fordert Aufgaben ein. Sie ist genervt davon, dass die Große keine Zeit hat, weil sie Schule machen muss.
Alles blöd!
Überhaupt ist alles blöd am Anfang: Keine Spielplätze, keine Freunde, keine Großeltern und überhaupt darf man eigentlich nichts mehr, was Spaß macht. Vom „alten“ Leben sind nur die Schulaufgaben geblieben, die das große Kind bearbeitet, weil sie das eben machen MUSS. Immerhin MUSS sie nicht in die Schule, wo sie sich anstecken könnte. Für ihre neun Jahre ist sie äußerst vernünftig und verständnisvoll, auch wenn ihr ihre beste Freundin fehlt.
In den Wochen danach spielt sich der Alltag ein. Homeschooling läuft, Mathefrust wird begleitet, Sachunterricht und Deutsch laufen. Mit den besten Freundinnen aus der Schule wird videofoniert. Oma und Opa werden täglich angerufen von den Mädchen, das Baby quakt im Hintergrund und ist bestens gelaunt, weil alle da sind und um es kreiseln.
Lockerungen …
Die ersten Öffnungen schlagen dann vor kurzem zu Buche und ein kleiner Schimmer Hoffnung keimt auf: Vielleicht haben wir ja die Kurve gekriegt oder diese ausreichend geplättet, damit die Rückkehr in den Alltag gelingt.
Noch rechnen wir nicht damit, nachdem erst einmal die Wirtschaft langsam wieder hochgefahren wird, dass es schnell wieder in die Schule gehen soll für unsere Tochter. Bis zu den Sommerferien, so haben es die Medien und einige Experten prophezeit, sei Regelunterricht an deutschen Schulen und ein normaler Kitabetrieb nicht wirklich eine Option. Auch wenn Abschlussklassen nach und nach mit vielen Hygiene- und Schutzmaßnahmen wieder in die Bildungseinrichtungen dürfen, um Abi und Co. zu gewährleisten, halten wir es doch für verfrüht, die Drittklässlerin wieder zu schicken. Insgesamt hoffen wir auf ein langsames, behutsames Vorgehen und ein durchdachtes Konzept.
Die Schulpflicht wird wieder eingesetzt …
„Die Schulpflicht wird wieder eingesetzt“, sagt mein Mann. Seine Stimme klingt finster und sehr besorgt.
„Was? Ab wann?“, frage ich am 8. Mai.
„Ab 18. Mai… für alle Grundschüler.“
Ich habe mich verhört, denke ich…
„Für… alle?“, frage ich vorsichtig nach, „Sofort?“
„Ja, es sollen ALLE KINDER wieder zur Schule gehen müssen… und wenn ich das richtig verstehe, dann ohne irgendwelche sinnvollen Schutzmaßnahme.“
Ich schlucke und schüttele den Kopf: „Das glaube ich nicht…“
„Doch, doch!“
Mein Mann ist gründlich. Er liest die Informationen vom Land Sachsen rauf und runter, informiert sich, telefoniert mit der Corona-Hotline… Das Ergebnis ist niederschmetternd: Unsere Tochter MUSS in die Schule zurück, wenn kein Wunder geschieht. Ohne Schutzmaßnahmen.
Was sollen wir nun machen? Klagen? Der Mann twittert erstmal. Und das macht er umfassend. Ich teile seine Gedanken hier mit euch und hoffe, sie bewirken etwas.
Aufatmen … Aussetzung der Schulpflicht
16. Mai. Ich atme auf: „Der Besuch der Grundschule ist vorerst freiwillig! FREIWILLIG!“
Mein Mann guckt mich an, als hätte ich gesagt, dass gerade ein Lama durch unser Wohnzimmer gehüpft sei. „Hier steht es, in der Zeitung! Eine Freundin aus der Nähgruppe hat es gerade erzählt!“
Wir seufzen beide.
Bis 5. Juni ist der Besuch der Grundschulen in Sachsen nicht verpflichtend, wir müssen die Große nur ordnungsgemäß abmelden. Ein Stein fällt uns vom Herzen. Ich hoffe, dass sich bis dahin abzeichnet, wie sich all die Lockerungen auf das Infektionsgeschehen im Land ausgewirkt haben, und dass das nächste Konzept tatsächlich Schutzmaßnahmen enthalten wird.
Bleibt gesund.
Eure Ines.
Oh ja, ein komisches Hin und Her ist das und ein Auf und Ab der Gefühle. Wir leben in einem anderen Bundesland, hier gehen alle noch ein paar Mal bis zu den Sommerferien in die Schule. Mit Maske und Abstand und Händewaschen (an nicht vorhandenen Waschbecken).
Ich bin gespannt, wie es weiter gehen wird. So viel ist sicher, es bleibt interessant für alle.
Grüße Christina